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Dieses Thema hat 4 Antworten
und wurde 710 mal aufgerufen
 Diverses
Feuerqualle Offline



Beiträge: 2

27.09.2015 13:13
Anbrassen der Rahen Antworten

....guten Tag,
Ich bin als "Neuling hier gelandet " und bin eigentlich begeisterter Modellbauer historischer Schiffe. Habe auch schon so allerhand fertig. Eine Frage hätte ich aber doch: wie ist das auf den Originalschiffen mit den anbrassen der Rahen ? Wie kann ich das in meinen Modell nachvollziehen, wenn die Rüsten mit dem späteren Wanten ständig im "Weg" sind?? letztendlich weiß ich , dass das anbrassen der Rahen eine wichtige Fuktion darstellt um den Wind optimal auszuten zu können!!
Ich würde mich ja mal wirklich freuen wenn, mir jemand eine Antwort oder ein Bild oder aber einen Quellennachweis senden würde.....gern auch per Mail
Gruß Achim aus Mecklenburg

borekd-admin Offline

borekd-admin

Beiträge: 30

30.09.2015 07:36
#2 RE: anbrassen der Rahen Antworten

Hallo Achim,

herzlich willkommen hier.
Rahsegler sind leider überhaupt nicht meine Kragenweite, und so kann ich nur auf ein Buch verweisen, dass ich eher zufällig kenne:
https://www.rebuy.de/i,1277403/buecher/b...heinz-marquardt
oder bei amazon:
http://www.amazon.de/Bemastung-Takelung-...s/dp/3768805263
Sicherlich gibt es auch andere Werke zum Thema.

Ich hoffe für Dich, dass sich jemand mit praktischen Erfahrungen mit einer mehr brauchbaren Antwort als der o.a. Link von mir meldet.

Gruß
Borek Dvorak

minisailor-007 ( Gast )
Beiträge:

17.10.2015 16:58
#3 RE: Anbrassen der Rahen Antworten

Hallo Achim,

zu Deiner Frage zum Anprassen der Segel habe ich hier zwei Bilder von meiner Brigantine eingefügt.
Die Wanten sind so angebracht daß die Rah vorbeistreichen kann, und die Segel eben gerade zum Anliegen kommen. Ebenso wird wenn notwendig die Rah an einer Rack aufgehängt und so mit genügend Abstand vor dem Mast und Wanten herumgeführt.
Oft werden den Rahseglern schlechte Segeleigenschaften zugeschrieben. Dies gilt auch für plump und schwer gebaute Kriegsschiffe als Kanonenträger, welche sich dann z.B. vor einem Hafen mehr oder wenig treiben haben lassen, um diesen zu beschießen zu können.
Ganz anders verhält es sich z.B. bei Fregatten, diese waren durchweg schnelle Schiffe, ebenso wie etwa die Teeklipper. Diese waren nur mit guter trainierter Mannschaft zu bedienen. Da gibt es viele, viele Leinen an denn man die Segel trimmen kann.
Bei Wind war meine Brigantine (sofern die Segel richtig standen) am Wind genauso schnell wie ein gaffelgetakeltes Modell. Bei achterlichen Wind ist mein Modell dann allen davongesegelt. Das große Problem war eben das Wenden, da haben mich dann alle wieder eingeholt und drumherum gesegelt. Das ging eben nur mit Vor- und Zurückmanöver bei fleißigen Trimmen der Segel(jedes mal eine schöne Denkaufgabe für den Skipper).
Bei den Großen (1:1) ist der Aufwand beim Segeln nur mit ausreichender Mannschaft und allem Wind möglich. Dies war dann auch das Ende der Zeit der großen Segler.
Aufgegebn habe ich die Rahsegelei nicht weil die vielen Leinen geführt werden wollen. Solange diese trocken blieben ging alles gut, aber sobald dies naß wurden war alles wie festgeklebt wegen der Oberflächenspannung des Wassers. Auch große Mengen an Pril halfen nur zeitweise. Vielleicht finde ich mal eine Lösung mit Jarviswinden.



Aus dem schwarzen Walde
Peter

willi Offline



Beiträge: 19

20.10.2015 17:12
#4 RE: Anbrassen der Rahen Antworten

Zitat von Feuerqualle im Beitrag #1
Eine Frage hätte ich aber doch: wie ist das auf den Originalschiffen mit den anbrassen der Rahen ? Wie kann ich das in meinen Modell nachvollziehen, wenn die Rüsten mit dem späteren Wanten ständig im "Weg" sind??

Hallo Achim
Diese Frage hat es in sich. Das Anbrassen der Rahen ist eine äußerst komplexe Funktion, bei der die meisten Teile des laufenden Gutes in ausgefeilter Weise miteinander zusammenspielen müssen. Daher ist es fast nicht möglich, die Brassfunktion originalgetreu im Modell nachzuahmen. Man kann nur versuchen, sich ihr anzunähern. Ich versuche mal, das so knapp wie möglich zu erläutern:

Es gibt zwei Hauptprobleme
Problem 1)
Der Brasswinkel muss groß genug sein.
Dabei ist es nicht damit getan, für die Brassen eine Windenkonstruktion zur Verfügung zu stellen, die genug Weg holen kann, um (theoretisch) den erwünschten Winkel zu stellen (was für sich genommen schon nicht ganz so einfach ist), sondern die Rah und das Segel müssen, wie Du richtig erkannt hast auch an den Wanten vorbei.
Das ist nur möglich, wenn das Rack gefiert (d.h. gelockert) wird. Wird das Rack aber gefiert, hängt es bei vierkant gebrassten Rahen (90° zur Schiffslängsachse)lose herum und der Kraftschluss zwischen Rah und Mast ist eingeschränkt. Im Modell spielt das keine so große Rolle, wie im Original, man könnte diesen Aspekt großzügig ignorieren.
Dumm ist aber, dass auch ein loses Rack alleine nicht unbedingt den möglichen Stellwinkel vergrößert. Da wäre nämlich noch das Rahfall, i.d.R. ein oder zwei starke Taue, die um die Rahmitte gebunden und über Blöcke im Masttopp zum Deck geführt werden. Mit den Fallen wird die Rah am Mast hochgezogen und gehalten.

Sitzt die Rah dort, wo sie im Segelbetrieb hingehört, ist die frei Part der Fallen von der Rah bis zum Block nur noch sehr kurz und weil diese Part dann so kurz ist, hindert sie eine scharf angebrasste Rah ebenfalls daran, einen ausreichenden Abstand vom Mast zu bekommen, so dass sie problemlos an den Wanten vorbei läuft. Gibt man ihr mehr Lose, hängt die Rah zu tief- ein Dilemma.

Lösbar wird das Dilemma über die Toppnanten. Letzlich sind sie es, die am Modell die Rah in der richtigen Höhe halten müssen. So können dann auch die Fallen so lose gefahren werden, dass die Rah an den Wanten vorbei kommt.
Aber Vorsicht! Die Toppnanten sollen die Rahen bei aufrechtem Trimm in der Waagerechten halten. Der Zug der Brassen geht aber regelmäßig in eine Richtung, die die Rah aus der Waagerechten ziehen will. Toppnanten und Brassen müssen also fein aufeinander abgestimmt werden, damit auch die hart angebrassten Rahen ordentlich getrimmt sind.

Beim Originalschiff können all diese Feinheiten durch die Besatzung nachjustiert werden, beim Modell muss von vorneherein alles stimmen.
Obendrein bringt die Brassfunktion es nun mal so mit sich, dass eine Seite dichtgeholt wird, während gleichzeitig die gegenüber liegende Seite gefiert wird.
Dummerweise ergibt sich dabei das Phänomen, dass durch komplizierte Winkelbeziehungen der Brassen zu Rah, Holepunkt, Schiffslängs- und Querachse an der Leeseite (die windabgewandte Seite, also die, an der dichtgeholt wird) mehr Taulänge eingeholt wird, als an der Luvseite gefiert werden muss. Daraus folgt, dass auf der Luvseite die Brassen lose kommen, da die Segelwinde ja stehts soviel Tau freigibt, wie sie eingeholt hat. Diese Lose in der Luvbrasse zu handhaben, so dass die Brassen klar bleiben sollte ebenfalls nicht unterschätzt werden.

Um die Lose in den Griff zu bekommen, gibt es zwei Lösungsansätze
1. Die sich ergebende Längendifferenz wird durch Gummitzugsysteme ausgeglichen (gut gelöst z.B. von Andreas Gondensen),
2. es wird eine Windenkonstruktion verwendet, die eine ausreichend dimensionierte Endlosschot bedient, die über eine Zugfeder so vorgespannt ist, dass die zu wickelnden Parten nicht von der Windentrommel springen können. Die Brassen (und auch die Schoten und/oder Halsen werden dann an dieser Endlosschot befestigt, also nur mittelbar über die Winde bedient. Eine solche Windenkonstruktion wurde z.B. von Jürgen Mersch entwickelt und von Borek Dvorak auf der Minisail-Homepage vorgestellt (siehe dort, "Die Inneren Werte").

Problem 2)
Die Schothörner der Untersegel.
An ihnen sind die Schoten (für den Zug nach hinten) und die Halsen (für den Zug nach vorne) befestigt. Die Schothörner sollten beim Brassen möglichst zu jedem Zeitpunkt und möglichst genau unter der Rahnock (Ende der Rah) ihrer Seite liegen.

Im Modell muss man sich entscheiden, welche der beiden Taue man für die Ansteuerung benutzen will. bei mir sind es die Halsen, da sie bei alten Schiffen einfach (d.h. nicht doppelt, also über einen Block) ausgeführt sind, was fernsteuertechnisch auch eine Vereinfachung im übertragenen Sinne darstellt.
Das jeweils übrig gebliebene Tau wird dann möglichst widerstandsarm von einer Seite auf die andere geführt und dient als Gegenzug.
Ohne diesen Gegenzug würde sich das Unterliek (die Segelunterkante) nicht stellen lassen, evtl. würde das Schothorn der Rahnock hinterher hinken wodurch das ganze Segel sich verziehen würde. Mit einem solchen Segel kommt kein Vortrieb zustande, es ist wirkungslos.

Nicht gerade vereinfacht wird dieser Teil der Fernsteuermimik dadurch, dass Schoten und Halsen bei Verstellen der Segel gerne mal an den Rüsten, Wanten, Spreizlatten, Ankern, Pollern, Kanonenrohren und was sonst noch so in ihrer Höhe liegt, hängen bleiben. 100%ig bekommt man das wohl nie in den Griff, es bleibt immer ein Restrisiko.

Ist das alles zu kompliziert und man will Schoten und Halsen fernsteuertechnisch weglassen (z.B. bei sehr kleinen Modellen) gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Die Untersegel werden an der Rah geborgen (bei den alten Kriegsschiffen war das die standardmäßige Gefechtsbesegelung). Vorteil ist, dass die Authentizität nicht so sehr leidet, wie bei der Methode...

2. die Untersegel werden ausgesteift. Das kann durch in den Saum eingezogene (nicht zu schwache) Drähte oder dadurch erreicht werden, dass das Segeltuch (entweder vollständig oder nur an den Säumen) z.B. mit verdünntem Holzleim o.ä. getränkt wird, um es dann über einer evtll. leicht gewölbten Fläche aushärten zu lassen, bis es seine Form behält.

Bei all dem gilt: es ist möglichst reibungs- also widerstandsarm zu bauen, d.h. anzusteuernde Taue müssen möglichst direkt zur Umlaufschot geführt werden. Für jede Umlenkung ist ein Block erforderlich und jeder Block erhöht den Widerstand. Wird eine Brasse 5 x umgelenkt, bevor sie die Winde erreicht, so ist das auf der anderen Seite auch so, d.h. es sind schon 10 Blöcke, deren Reibungswiderstand überwunden werden muss. Da sind die Grenzen eines noch bezahlbaren Windenservos schnell erreicht.
Auch sollte die Brassfunktion einigermaßen zügig von einer Extremposition in die andere gefahren werden können. Dauert das Brassen zu lange, kann das ein Manöver komplett versauen und ein versautes Manöver ist immer auch eine Gefahr für das Modell.

Ich versuche mich seit nunmehr ca. 23 Jahren an Modellen mit mindestens einem Rahsegel. Bei meinem letzten Modell, der Fregatte "Lucia" (guckst Du hier: https://www.youtube.com/watch?v=HEQB-qqVB7U) stellen sie den Hauptantrieb dar. Trotz dieser Erfahrung schlottern mir noch ein wenig die Knie, wenn ich an die bevorstehende Generalprobe dieses Wochende in Köln denke.
Das soll Dich nicht abhalten oder gar erschrecken, Du sollst aber auch wissen, worauf Du Dich einlässt.

bis denne
Willi

zur Zeit in Bau: Fregatte (Lustfahrzeug für Segel) nach F.H.Chapman, 1768

minisail-webmaster Offline



Beiträge: 1.008

21.10.2015 12:00
#5 RE: Anbrassen der Rahen Antworten

Hallo Achim,

zu den Ausführungen von Willi möchte ich zwei Bilder anfügen. Sie sollen einen möglichen Aufwand zeigen der eine Ansteuerung der Rahsegel meiner Brigantine erforderte. Gescheitert ist dies letztendlich daran: Die nassen Leinen waren derart veklebt daß die Winde schon mal eine 20kg-Leine abriß, ohne daß die Segel bewegt wurden.
Eine Lösung könnten Jarviswinden sein, denn diese stehen an Deck und vereinfachen die Schotführung. Vor allem müssen die Schoten nicht zur Schiffmitte geführt werden um Wassereinbruch bei Lage zu verhindern.

Schotführung unter Deck eines Rahseglers:


Wer also vorhat einen Rahsegler zu bauen muß sich Gedanken über eine mögliche Schotführung machen.
mindestens 6 bis 11 Schoten (Brassen) steuer- und backbord sind je nach Vorstellung notwendig. Dabei sollten diese mittig aus dem Modell auf das Deck herausgeführt werden, denn bei Lage wäre das Modell schnell mit Wasser gefüllt. Hier sind zwei "Kanäle" installiert von denen die Rahsegel und Vorsegel und Besan getrennt angesteuert werden. Auf eine Schotlängenanpassung der Rahsegel wurde verzichtet.


Hier ist der Bereich des Fockmastes zu sehen, darunter die zwei Kanäle in denen die Leinen lagen. Die langen Schotführungen in PVC-Röhrchen (rot) bewirkten eine sehr hohe Bremswirkung, die durch feuchte Leinen dazu führten daß regelmäßig die Antriebsleine der Winde abriß oder diese stehenblieb. Auch eine Behandlung der Leinen mit anionischem Tensid half nicht viel. Alles zusammen führte dazu daß ich dieses Modell irgendwann aufgab. Insgesamt 2x15 Holepunkte steuer-/backbord + 1 für das Großsegel.

Aus dem schwarzen Walde
Peter

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