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Dieses Thema hat 4 Antworten
und wurde 652 mal aufgerufen
 Berichte; Bauprojekte
Subotniki Offline



Beiträge: 2

01.03.2016 23:31
Windfahnensteuerung Antworten

Liebe Minisailer, liebe Forumsgäste
Ich bin auf der Suche nach der Lösung für ein technisches Problem: Ich habe vor, meinen Modellsegler auf einer "Langstrecke" einzusetzen und möchte nicht die ganze Zeit konzentriert das Ruder führen. Um dies zu ermöglichen, würde ich gerne eine Windfahnensteuerung realisieren. Ich habe hierzu bereits den Baubericht Ihres Vereinskollegen Alfred Klinck gelesen. Das grundsätzliche Prinzip der Steuerung kenne ich von manntragenden Yachten, meine Frage zielt eher auf Möglichkeiten, die Steuerung per RC ein-, und auszukuppeln. Hat sich hier vielleicht jemand schon einmal mit einem vergleichbaren Problem befasst? Über eine Antwort würde ich mich freuen. Hintergrund des "Wunschs" eine Langstrecke zu segeln ist eine Wette: Ich habe gesagt, dass ich ein Modellboot parallel zu meinem richtigen Segelboot die Strecke Kiel-Marstal (DK) segele.
Herzliche Grüße
Stefan

borekd-admin Offline

borekd-admin

Beiträge: 30

03.03.2016 12:48
#2 RE: Windfahnensteuerung Antworten

Hallo Stefan,

Kiel-Marstal, das sind lt. G. Maps ca. 50 km Luftentfernung, und das auf einem Gewässer, das kein Dorfteich ist. Das ist eine echte Herausforderung. Aber – zumindest in meinen Augen – machbar.

Allerdings würde ich mir an Deiner Stelle im Vorfeld einige Gedanken machen.

Die erste Sache ist die benötigte Zeit. Die (Dir wahrscheinlich bekannte) Formel für die Rumpfgeschwindigkeit lautet v=1,25 x (2. Wurzel der Wasserlinienlänge) in [m/s]. Für ein durchschnittlich großes Modell mit einer LWL=ca. 1 m bedeutet das, dass man in der Verdrängerfahrt nicht schneller sein kann als ca. 4,5 km/h. Du wirst also mit Deinem Modell mindestens 11, eher 12 und mehr Stunden unterwegs sein.
Dieser Fakt hat 3 Konsequenzen:
1)Die eingebaute Akkukapazität muss diese Zeit zuverlässig abdecken können oder Du musst unterwegs Akkus wechseln (lässt das die Wette zu?).
2)Das Modell muss so groß wie möglich sein (z.B. bei LWL=1,5 m könntest Du ca. 5,5 km/h erreichen).
3)Aufgrund des Zeitbedarfs ist es ein Vorhaben eher für die Sommermonate mit ihren längeren Tagen.

Über ein gleitfähiges Modell nachzudenken hat m.M.n. wenig Sinn, denn sowas erfordert permanente hohe Aufmerksamkeit. Das würde ich mir nicht über einen längeren Zeitraum zutrauen.

Der nächste Aspekt ist der Hintergrund Deiner Frage, nämlich die Kursstabilität. Mit Windfahnensteuerung habe ich leider gar keine Erfahrungen. Von diesem Standpunkt gehe ich davon aus, dass die von der Fahne resultierenden Kräfte zu gering sind, um ein (zwar nicht selbsthemmendes aber immerhin stark untersetztes) Servo samt Gestänge auch nur im stromlosen Zustand zu bewegen. Mit Blick auf die seinerzeit bei den Oceanracern beliebten Trimmklappen fällt mir zu diesem Thema lediglich ein, zwei voneinander unabhängige Ruderanlagen vorzusehen: Ein Ruderblatt für die Windfahne und ein fürs Servo. Man müsste die Gefahr der Turbulenzen beachten (bei einer Anordnung hintereinander) bzw. bei der Parallelanordnung die Wirksamkeit bei Krängung richtig einschätzen.

Bei letzteren Gedanken macht man allerdings den 3. Schritt vor den ersten beiden, zumindest dann, wenn das Modell noch nicht existiert. Bereits mit der Auswahl des Rumpfes kann man entscheidende Schritte in Richtung Kursstabilität tun. Das beginnt mit einem Langkieler und geht bis zu einem metazentrisch optimierten Rumpf. Mit Turners metazentrischer Theorie hat sich wohl am intensivsten Harrison T. Butler beschäftigt, im Inet ist die Seite der HTB Assoziation zu finden (http://www.harrisonbutlerassociation.org/) mit einem Katalog seiner (metazentrischen) Konstruktionen sowie einem Beispiel der metazentrischen Analyse. Wenn Dir das viel zu theoretisch (oder eben viel zu empirisch) vorkommt, kannst Du Dich zumindest bei der Rumpfauswahl an einem nachweislich metazentrisch konstruierten Beispiel orientieren. Auch die alten Modellkonstruktionen von A. Tiller wären sicherlich eine gute Inspiration bzw. sogar eine gute Wahl, denn die stammen alle aus Zeiten, in denen es keine Fernsteuerungen gab. Und sie waren dafür konzipiert, möglichst kursstabil gerade aus zu laufen.
Der 2. Schritt wäre dann ein sorgfältiger Trimm, und damit meine ich nicht nur die Mastposition bzw. das Verhältnis vom Druckpunkt zum Lateralschwerpunkt. Auch mit dem Twist und mit der Wölbung der einzelnen Segel des Stells kann man in Richtung Kursstabilität arbeiten, doch das ist Dir als Segler sicherlich bekannt.
Erst nach diesen beiden Schritten würde ich mir Gedanken zum Autopiloten machen. Hierfür könntest Du wahrscheinlich jede Menge Inspiration bei den segelnden Robotern finden. Eine Linksammlung ist auch auf unserer Webseite unter http://www.minisail-ev.de/them-07bs.htm, dort bitte „Robotic“ anklicken. Ich muss zugeben, dass ich das gar nicht durchgelesen habe, weil mich dieses Thema nicht interessiert. Daher kann ich Dir auch nicht sagen, ob dort etwas Brauchbares für Dein Vorhaben zu finden ist.

Auf jeden Fall finde ich Dein Projekt höchst interessant. Ich halte Dir die Daumen und würde mich sehr über eine gelegentliche Berichterstattung darüber freuen – entweder hier im Forum oder (vielleicht sogar besser) in Form eines Berichts auf unserer Webseite.

Viele Grüße
Borek Dvorak

borekd-admin Offline

borekd-admin

Beiträge: 30

03.03.2016 14:29
#3 RE: Windfahnensteuerung Antworten

Ach, vergessen ...

Das Modell für diesen Zweck sollte eher kindergerecht (=gutmütig und stabil) als leistungsfähig sein, eher unterbesegelt als übertakelt, mit viel Freibord und Restauftrieb in den Schiffsenden. Und dicht wie ein U-Boot.
Man sollte ständig daran denken, dass man etwas Verkleinertes den unverkleinerten Elementen aussetzt. Im Prinzip segeln Modellboote daher meistens bei Sturmbedingungen.

Gruß
Borek Dvorak

minisail-webmaster ( Gast )
Beiträge:

06.03.2016 17:33
#4 RE: Windfahnensteuerung Antworten

Windfahnensterung in der Zeit.,
oder wo sind die umweltfreundlichen Windfahnensteuerungen geblieben:
1. Heute werden die Modelle mit Funk ferngesteuert.
2. Es gibt heute kaum noch geeignete Gewässer.
Ende des Mittelalters wurden Fischteiche zur Eiweißversorgung angelegt, Wild war wegen der asugiebigen Jagt zwischenzeitlich rar geworden. Später, während der beiden Kriege im letzten Jahrhundert wurden aus Teichen ganze Seen zur Löschwasser- und Trinkwasser-Notversorgung angelegt. Diese wurden streng in Ordnung gehalten, einschließlich dem Fischbesatz. Man konnte darin auch baden und vor allem Schwimmen lernen, Freibäder wie heute gab es noch nicht so viele. Jedoch ist der Fisch heute durch das Rind ersetzt worden. Diese Gewässer verloren an Bedeutung.
Allen diesen Teichen war eines gemeinsam: Sie waren entsprechend gepflegt und von außen offen und frei zugänglich (damals). Da konnte man bei (freifahrenden) gestrandeten Seglern mit einem leichten Schlag gegen die Windfahne zum neuen Kurs auf die andere Seite des See bebringen, sofern der Wind auf der ganzen Strecke mitmachte. War mit viel Nerv verbunden, der heute anders existiert.
Die allermeisten dieser Seen sind heute unter Stadthallen oder Parkplätzen oder Sonstigem verschwunden. Aus dem Rest wurden dann Biotope gemacht, neuzeitlich voll mit Schilf, Schlamm und Seerosenblättern. Auf letzteren können dann Enten barfuß den Teich überqueren. Frösche…
Da haben Modellbauer mit ihren windfahnengesteuerten Segler keine Chance mehr. Sogar ein kräftiger Schlepper ist zum Aufgeben gezwungen.
Außerdem: Solche Modellschiffe werden dann von Grüngestrichenen gelegentlich als „Einbringung von Schadstoffen in Gewässer“ definiert (siehe Beiträge auf dieser Webseite). (Ausgang: Überzeugter Galvaniseur mit Studium bei Prof. Raub, mitsamt Prüfung als Auditor).

Windfahnensteuerung Erfahrungen:
Meine persönlichen Erinnerungen damit: Es funktioniert nur selten so wie man es sich eigentlich gedacht hatte. Und wenn, dann ist die Erfolgs-Freude doppelt so groß. Man muß auch gut zu Fuß sein.
Auch moderne Blauwasser- und Einhandsegler freuen sich auch immer wieder wenn die Windfahne sie tatsächlich des Nachts dahingebracht hat wo sie eigentlich wollten (Internet). Dazu hilft eben nur eine entsprechende Mentalität und Natur.

Als Modell
als 1-Master vorzugsweise sollte es ein geradeausfahrender leicht zu steuernder Rumpf wie der Drachentyp sein. Schlankes Vorschiff mit flachen Einlauf und mit direkt am Kiel angehängten Ruder. Die lange Überhänge halten bei Bewegung und Lage einfach die Richtung besser.
Z.B: Die Niobe stammt aus einem Riß von Artur Tiller wurde schon mal für Windfahnensteuerung ausgelegt (siehe auch Bauberichte: „ABBA“; „NIOBE“ von Norbert Hanßen und das Antik-Modell vom Dachboden: Was eine Windfahne ist, wußte ich aus einem Buch von Orazio Curti aus dem Delius-Klasing Verlag: "Enzyclopädie des Schiffsmodells". Baubeschreibung von Alfred Klinck.
Übrigens (extra nochmals nachgelesen) die Baubeschreibung im Buch von Orazio Curti ist sehr, sehr ausführlich beschrieben, zeichnerische Bestleistung, für mich als Modellbauer jedenfalls so nicht durchführbar.
Als 2-Master käme für mich die Konstruktion von Joop Clobus in Betracht (ein für Modellschiffe modifizierter Fischereifänger; siehe Baubericht „Askja“). Allerdings ich würde nur mit einer Baumfock und ohne den Topsegeln in Betracht ziehen
Beide Schiffsstypen laufen gut geradeaus und können so über eine separate Windfahne zusätzlich auf dem gewünschten Kurs gehalten werden?
Das große Problem ist bei einem tiefergehenden Bug oder großer Lateralfläche ist der Wellenschlag: Jede seitlich oder von vorne anströmende Welle versucht den Bug wegzudrücken, bewegt dabei das ganze Modell und schüttelt damit den Wind förmlich aus den Segeln. Dies ergibt einen gestörten Venturi-, Bernoulli-Effekt, der Wind erzeugt kaum Vortrieb und das Modell stampft sich regelrecht in der Welle fest. Siehe auch: Zur Segeltheorie unter Berücksichtigung des Bernoullischen Gesetzes von Willi Pülmanns:

Windfahne
Hier möchte ich auf einen interessanten Beitrag von Heinz Kratz
Webseite Heinz Kratz.de hinweisen.
Hier werden mehrere Windfahnensteuerungen dargestellt.

Hier würde ich die einfachste der empfohlenen Hilfsrudersystem (Typen 3, 4, 5, 6) vorschlagen.
Diese wird als zusätzliche Hilfssteuerung einfach am Heck des Modells angebracht.
Dabei sollten für die Segel keine selbstneutralisierenden Segelwinden zum Einsatz kommen, man müßte ja die Fernsteuerung dauernd festhalten oder die Rückstellfedern aushängen.
Damit sollte man das Modell über die Segel soweit austrimmen, daß es vernünftig geradeaus segelt.
Mit dem Ruder kann man dann über die Trimmung etwas nachhelfen oder zu Notmaßnahmen greifen, das gleiche gilt für die Segel.

Übrigens: Meine Askja (siehe Baubericht) mit den Topsegeln läuft bei gegebener Stegelstellung immer genau dem vorhandenen Wind nach. Nachsteuern ist so nicht notwendig, außer der Skipper ist anderer Meinung.
Siehe auch Segelwinde-Beispiel ohne Selbstneutralisation: im Baubericht Marlene - mit neuem Rumpf www.minisail-ev.de/mb/mb-12-08/mb-12-08.htm, Bild 43: Elektronik

Aus dem schwarzen Walde
Peter Schuster

Subotniki Offline



Beiträge: 2

12.03.2016 01:57
#5 RE: Windfahnensteuerung Antworten

Hallo Borek, hallo Peter
vielen Dank für eure umfangreichen Überlegungen zu meinem "Projekt" . Die Auswahl des Modells habe ich bereits fast getroffen, ich mag es hier kaum schreiben, es wird voraussichtlich ein Fertigmodell, das ich lediglich anpasse. Ich favorisiere die 3x1 von Stockmaritim. Das Modell scheint mir recht gut mit den zu erwartenden, recht groben, Bedingungen auf der Ostsee klar zu kommen. Das Konzept, das Boot dicht zu bekommen gefällt mir ebenfalls. Ich muß aber auch sagen, dass mich die hohe Geschwindigkeit des Modells beeindruckt hat. Da Stockmaritim die Boote zum Probieren verleiht, werde ich es aber noch umfangreich testen. Beim zu erwartenden Zeitrahmen für die Überfahrt bin ich zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Der Start wird in Schilksee sein (die Innenförde ist mir mit den Fördedampfern und den rasanten Jollenseglern zu hektisch). Damit beträgt die Strecke etwa 24 Seemeilen, bei einer von mir geschätzten Geschwindigkeit von 2 Knoten wären das dann 12 Stunden. Ich wüde für die Fahrt auf eine stabile SW Lage mit maximal 3bft warten, das ergäbe dann einen komfortabelen, raumen Kurs. Ein Akkuwechsel ist nicht vorgesehen. Die Segelzeit des Akkus soll bei 4,5Ah aber 8 Stunden betragen, davon 2Stück würden reichen, denke ich. Das wird auch zu testen sein. Da der Stromverbrauch aber maßgeblich vom Servoeinsatz abhängt, kommt nun wieder mein eigentliches Thema ins Spiel, die Windfahnensteuerung. Ich denke, es wird auf ein Hilfsruder hinauslaufen, da ich den Selbststeuerer unabhängig vom Hauptruder haben möchte. Ich halte eine vertikale Fahne entsprechend Typ 3 auf der von Peter genannten Seite (vielen Dank für die Übersicht) für umsetzbar. Das große Problem ist aber das Ausrichten der Fahne, sowie das Aus- und Einkuppeln. Dazu habe ich noch keine zündende Idee. Ein größeres Problem könnte auch werden, dass ich mit dem manntragenden Boot zu schnell bin. Das werde ich dann auch testen, wenn das Modell geliehen, und das große Boot wieder im Wasser ist.
Ich werde narürlich hier berichten, wie es weitergeht!
Herzliche Grüße
Stefan

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